Die weltweiten Auswirkungen der Covid19-Pandemie sind beispiellos und haben sich auf nahezu alle Bereiche der Wirtschaft, des öffentlichen und privaten Lebens ausgewirkt. Corona hat insbesondere ein Schlaglicht auf die Digitalisierung bzw. deren Fehlen geworfen - man denke nur an die kaum vorhandenen Möglichkeiten, digitalen Unterricht für Schülerinnen und Schüler im Homeschooling anzubieten.
Auch in der Immobilienbranche haben digitale Tools und Anwendungen noch lange nicht bei allen Maklern Einzug gehalten. Einer Studie vom Zentralen Immobilien Ausschuss e.V. und der Ernst & Young Real Estate GmbH zufolge, die im vergangenen Jahr und damit vor Ausbruch der Corona-Pandemie erstellt wurde, haben die Unternehmen noch immer die gleichen Herausforderungen in Bezug auf die digitale Transformation zu bewältigen. Es mangelt weiterhin an personellen Ressourcen (82 Prozent) und es fehlt die Fachkompetenz (78 Prozent). Diese Defizite haben die Unternehmen während des Lockdowns schmerzlich zu spüren bekommen. Zwar konnten einige Makler digitale Besichtigungen und Rundgänge durchs Objekt auch kontaktfrei und für potenzielle Käufer bequem vom Sofa aus anbieten - auch Roboter, die übers Netz gesteuert wurden und Livebilder sendeten, zeigten, was mit KI im Smart Home und anderswo möglich ist - aber diese waren bei Weitem in der Minderheit.
Für uns ist eines ganz klar: Makler, die Ihr Unternehmen nicht professionell digitalisieren und als reine „Besichtiger“ in einem boomenden Markt unterwegs sind, werden es künftig schwer haben. Einerseits aufgrund der weiter voranschreitenden Digitalisierung und Professionalisierung, andererseits aufgrund der Gesetzesänderung aus dem Jahr 2015 zum Bestellerprinzip bei Vermietungen, dessen zweite Stufe zum Ende dieses Jahres in Kraft treten wird.
Die Preise für Wohnimmobilien haben sich im ersten Quartal des Jahres 2020, dem Statistischen Bundesamt zufolge, um 6,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal verteuert. In den sieben größten Metropolen (Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt, Stuttgart und Düsseldorf) waren Ein- und Zweifamilienhäuser sogar 9,5 Prozent und Eigentumswohnungen 7,4 Prozent teurer als noch vor einem Jahr!
Zwar ist vielen Immobilienmakler bei den Vermietungen rund 80 Prozent des Geschäftes aufgrund des Bestellerprinzips weggebrochen, doch das Vermietungsgeschäft machte in der Regel nur einen geringeren Anteil des Umsatzes aus und konnte mit den Erträgen aus den Immobilienverkäufen kompensiert werden. Nun droht Ende des Jahres mit der Umsetzung der zweiten Stufe des ‚Gesetzes über die Verteilung der Maklerkosten bei der Vermittlung von Kaufverträgen über Wohnungen und Einfamilienhäuser’ auch dort Ungemach.
Zukunftssicher durch Professionalisierung
Wir erwarten, dass ein Teil der Immobilienverkäufer künftig über Plattformen ohne einen Intermediär auf potenzielle Käufer zugehen wird. Ähnliches haben wir schon bei den Vermietungen gesehen. Den steigenden Wettbewerb um die Kunden werden die Makler für sich entscheiden, die vom Fach sind, umfassenden Service und ein marktgerechtes Leistungsportfolio bieten, also zum Beispiel ein Backoffice vorweisen können, eine professionelle Website betreiben, Netzwerke und moderne Kommunikationsmöglichkeiten ausschöpfen und digitale Möglichkeiten für ihre Prozesse zu nutzen wissen. Wer diese Entwicklungen verschläft, der wird vom Markt verschwinden. Die anhaltenden Einschnitte durch die Corona-Pandemie beschleunigen diese Entwicklung noch.
Erfahrung, Know-how und Qualität sind die Basis für eine erfolgreiche Karriere als Immobilienmakler. Doch nach wie vor sehen wir viele der oben genannten „Besichtiger“ am Markt, die die Marktchancen nutzen und dafür sorgen, dass das Ansehen des Berufes nicht gesteigert wird. Seit Jahren setzt sich der Bundesverband für die Immobilienwirtschaft (BVFI) dafür ein, dass die Ausbildung zum Immobilienmakler oder -verwalter professionalisiert wird und nicht jeder Quereinsteiger ohne nachgewiesene Qualifikation in der Immobilienwirtschaft unterwegs sein kann. Inzwischen ist ein Mindestmaß an Qualifikations- und Weiterbildungsmaßnahmen bei Immobilienmaklern vorgeschrieben.
Der BVFI bietet für seine Mitglieder eine grundsolide Ausbildung oder Weiterbildung zum Fachmakler der Immobilienwirtschaft an. Darüber hinaus können sich Mitglieder des BVFI laufend weiter qualifizieren und erhalten die gesetzlich vorgeschriebenen Ausbildungszeiten und die damit verbundenen Kurse und Seminare jederzeit und kostenfrei über die Online-Akademie des BVFI.
Mitglieder des BVFI profitieren auch von einer umfassenden Unterstützung des Tagesgeschäfts und bleiben in Sachen Maklerrecht, Mietrecht, Wohneigentumsrecht oder Steuerrecht durch juristische Fachartikel immer auf dem Laufenden. Ein professionelles Backoffice wird durch Musterverträge, Vordrucke, Checklisten und Arbeitshilfen unterstützt. Das gilt auch für den Überblick über die vielfältigen Aufgaben von Immobilienmaklern und die Marktzugänge.
Um Immobilienmakler fit zu machen für die digitale Arbeitswelt, werden innovative Lösungen angeboten. Zum Beispiel für die Kundengewinnung im Internet. Unter dem Motto BVFI-Innovation bietet der Verband seinen Mitgliedern nicht nur Ausbildungsformate per Video on demand, sondern auch kostenfreie digitale Leadmaschinen zur Auftragsakquisition, zur Neukundengewinnung und Kundenbindung. Mit Online-Kongressen für Verbraucher unterstützt er aktiv die erfolgreiche Kundenansprache und stellt den Maklern umfangreiche Marketingtools zur Verfügung. Mit diesen Maßnahmen unterstreicht der BVFI seinen Führungsanspruch im Bereich der Innovationen und Digitalisierungen für die Immobilienwirtschaft.
Eines ist klar: Der Beruf des Immobilienmaklers hat Zukunft. Aber sie wird sich stark vom Berufsbild der letzten Jahrzehnte unterscheiden. Affinität zum Internet und den neuen Medien wird eine Grundvoraussetzung für künftige Erfolge sein, ebenso wie Flexibilität bei der Arbeitszeit und Verhandlungssicherheit gegenüber involvierten Parteien. All das fußt auf einem breiten Wissen zu den lokalen und überregionalen Immobilienmärkten und umfassendem Kundenservice.
Verfasser: Jürgen Engelberth
Vorstand BVFI
Bundesverband für die Immobilienwirtschaft